CDU-Kreisverband Prignitz

Das Ende der Weidetierhaltung befürchtet

Wolf und Schweinepest: CDU-Politiker treffen Landwirte und Jäger / Das Saarland will von der Prignitz lernen

Erst verfahren, dann kein Empfang mit dem Handy. Ganz pünktlich schafft es der Prignitzer Landtagsabgeordnete Gordon Hoffmann (CDU) mit seinem Gast nicht. Der steigt aus und steht mitten in der Prignitzer Wildnis. „Ich hatte schon mit einem Wolf auf der Anfahrt gerechnet“, sagt Roland Theis. Er kommt aus dem Saarland. Er sitzt für die CDU im Landtag und ist ihr umweltpolitischer Sprecher. Er ist in die Prignitz gekommen, um mehr über den Wolf und die Afrikanische Schweinepest zu erfahren. Nicht in einem Konferenzraum, sondern hier in der Köhlerhütte im Wald bei Dallmin. Hoffmann hat Jäger und Landwirte am Mittwochmorgen eingeladen. Sie sollen erzählen. Im kleinen Saarland gab es noch keine Wolfssichtung, so Theis. Auch die Schweinepest sei noch nicht aufgetreten. Aber er rechne fest mit beiden Szena- rien. Das sei nur eine Frage der Zeit. Er habe Sorge, dass sein Bundesland darauf nicht vorbereitet ist, und das will er mit diesem Besuch ändern.
Die Afrikanische Schweinepest sei die größere Bedrohung für Landwirte, wie Bernd Cord-Kruse sagt. Als im Dezember 2021 direkt an der Landesgrenze in Mecklenburg-Vorpommern die Schweinepest ausbrach, hatte er Angst. „Ein Übergreifen auf die Prignitz wäre eine existenzielle Bedrohung unseres Famili- enbetriebs gewesen“, sagt er. 15 Mitarbeiter beschäftigt der Lübzower. Er bildet Lehrlinge aus und verkaufe seine Schweine bundesweit. Würden die Tiere im Seuchenfall getötet, wäre die Arbeit vieler Jahre vernichtet. „Unsere Zuchtarbeit, die Genetik, all unsere Ergebnisse wären verloren“, so Cord-Kruse. Die Schweinpest sei eine latente Gefahr für seine Branche, die sowieso schon leidet. „Es gibt nur noch vier Sauenhalter in der Prignitz“, sagt er.

Dass die Prignitz von diesen Szenarien verschont blieb, sei der guten Arbeit des Landkreises zu verdanken. Das bestätigt Thomas Hain. Hain ist Jäger, Forst- arbeiter und war von Beginn an bei der Bekämpfung der Schweinepest beteiligt. „Der Landkreis war vorbereitet“, sagt er. Ein Beispiel dafür sei eine große Übung gewesen. Auf dieser mussten die Einsatzkräfte einen Kadaver finden. Dabei habe es sich um ein reales Szenario gehandelt. Mit dem Gelände vertraute Jäger oder Förster müssen eingebunden werden. Die Ausrüstung muss stimmen. Von der Kleidung bis hin zum Leichensack für die Kadaver. Das seien die Erfahrungen.

Spezialdrohne sucht nach Wildschweinen

Nach dem Ausbruch in Mecklenburg habe der Kreis schnell gehandelt. „30 Kilometer Elektrozaun wurden binnen weniger Tage errichtet“, so Hain. Zwei stabile Zäune folgten. Sie sind 120 Kilo- meter lang. „Das Baumaterial hatte das Land vorrätig und wurde schnell geliefert.“ Suchtrupps und ausgebildete Hunde begannen mit der Kadaversuche. Der Landkreis kaufte eine Spezialdrohne mit Wärmebildkamera, bildete Drohnenführer aus. Sie sei enorm wichtig, um Wildschweine zu finden. Deren Bestand wurde im gefährdeten Gebiet massiv reduziert. Von knapp über 700 Schweinen seien etwa 650 entnommen worden. Die hohe Anzahl habe selbst Experten überrascht. Schätzungen waren von nur 300 Schweinen ausgegangen.

All diese Maßnahmen hätten geholfen, die Schweinepest abzuwehren. Am effektivsten seien aber die Zäune. Sie haben inzwischen auch Markus Mai überzeugt. Der Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Dallmin war anfangs skeptisch. Der Zaun verlaufe über seine Flächen, behindere die Arbeiten. Viel Aufwand für geringe Erfolgsaussichten. So dachte Mai damals. „Inzwischen bin ich von den Zäunen überzeugt. Ohne sie wäre die Seuche Richtung Perleberg marschiert“, sagt er.

Theis hört aufmerksam zu. Im Saarland werde man nachlässig, ergriffene Vorsichtsmaßnahmen würden wieder reduziert. Er spricht von wertvollen Hinweisen und Anregungen, aber er und Hoffmann wollen auch wissen, wie der Wolf gesehen wird. Den gebe es im ganzen Kreis, sagen die Männer. Fotos von Wildkameras könnten ganze Alben füllen, so Hain. Er spricht von fünf bis sieben Rudeln im Landkreis und weiteren Einzelwölfen. „Ihre Zahl ist mindestens doppelt so hoch wie die offizielle Schätzung“, meint Torsten Jaeger. Er ist Jäger und Landwirt aus Blüthen. Das Muffelwild sei schon fast ausgerottet, das Damwild stehe jetzt auf der Speisekarte der Wölfe. „Und wo es weniger Wild gibt, geht er in die Nutztierherden“, sagt Markus Mai. Rinder und Schafe seien gefährdet. Er habe schon mehrere Kälber verloren.

Hoffmann will wissen, warum die offiziellen Zahlen über Risse rückläufig seien. Die Männer lachen und haben eine Antwort parat: Fälle würden gar nicht mehr gemeldet. Viel Bürokratie und nur selten eine Entschädigung, nennen sie als Gründe. In ihren Augen sei der Wolf längst nicht mehr gefährdet. Er selbst sei zu einer Gefahr geworden. „Die Weidetierhaltung wird verschwinden“, sagt Jaeger voraus. Das könne nicht im Sinn der Landschaft und des Naturschutzes sein und schon gar nicht im Interesse der Landwirte.

Nur eine Maßnahme könne den Wolf zurückdrängen: „Wir brauchen eine Bestandsregulierung“, sagt Hain. Man wolle den Wolf weder vertreiben noch ausrotten. Aber seine Population müsse verkleinert werden, auch im Interesse der anderen Tierarten. Das müssten die Politiker kapieren und auch die Menschen in den Großstädten. Sie würden sich über die Rückkehr der Wölfe freuen, aber sie müssten nicht mit ihm und den Folgen leben.


Quelle: www.prignitzer.de