CDU-Kreisverband Prignitz

Jedem Schüler ein Tablet

CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben kündigt weiteren Widerstand gegen Kreisreform an – Koalition mit SPD bleibt Option

Er ist der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion im Brandenburger Landtag: Ingo Senftleben. Der CDU-Landtagsabgeordnete spricht im Sommerinterview mit Benjamin Lassiwe über die Kreisgebietsreform und die Altanschließerbeiträge. Und er fordert, dass die Landesregierung jedem Schüler einen Tablet-PC zur Verfügung stellen sollte.
Sommerpause und Kabinettsumbildung sind vorbei. Wo steht die Regierung Woidke heute?

Ingo Senftleben: Man kann beim Zustand dieser Regierung nicht mehr von einer Regierung sprechen. Dietmar Woidke hat seit 2014 einen Staatssekretär wegen der Manipulation der Polizeistatistik verloren. Ein Minister ging, weil er nicht bereit war, die Dienstwagenrichtlinie zu akzeptieren. Eine Ministerin hat etwas besseres gefunden, als im Land Brandenburg Ministerin zu sein. Und jetzt haben wir einen Chef der Staatskanzlei, der die Öffentlichkeit belogen hat. Woidke hat in der Personalpolitik kein Glück, und das führt dazu, dass die Regierung seit vielen Monaten im Dauerkrisenmodus ist. Und das schadet Brandenburg.

Ein Dauerthema ist die Kreisgebietsreform. Die CDU ist dagegen.

Wir wissen, dass wir in Brandenburg auch im kommunalen Bereich Reformbedarf haben. Aber das Leitbild der Regierung lehnen wir definitiv ab. Mit dem, was darin aufgeschrieben ist, sind die Zwangsfusionen nicht zu rechtfertigen. Und wir haben nach vielen Gesprächen im Land eben auch gemerkt, dass die Bürger diese Reform gar nicht wollen. Deshalb ist es für uns ein Fingerzeig an die Regierung, wenn sich CDU, FDP und Freie Wähler mit vielen kommunalen Partnern zusammengeschlossen haben, um die Volksinitiative gegen die Kreisgebietsreform zu starten. Und ab November werden die Menschen in Brandenburg ihre Meinung gegen die Reform kundtun können, wir geben ihnen eine Stimme.

 


Es sollen nicht alle Landkreise verändert werden, auch in Potsdam bleibt alles, wie es ist. Hat die Volksinitiative überhaupt eine Chance, die 80 000 Unterschriften in der zweiten Stufe zu erreichen?

Es geht ja nicht nur darum, dass ein paar Kreisgrenzen verändert werden. Von der Reform wird jeder Lebensbereich in Brandenburg betroffen sein. Es geht um den Nahverkehr, die Schulstandorte, die Feuerwehrverbände, die Sportverbände. Alles wird den neuen Strukturen unterworfen werden.

Trotzdem könnte der Effekt des Volksbegehrens sein, dass die CDU 2018 mit einer Niederlage in den Wahlkampf für die Landtagswahlen 2019 startet.

Eine CDU, die kommunal stärkste Partei ist und viele Landräte, Bürgermeister und Oberbürgermeister stellt, hat doch die verdammte Pflicht für die Interessen der Städte und Dörfer zu kämpfen. Wenn mit der Arroganz der Macht über unsere Hinweise hinweggegangen wird, dann ist doch klar, dass wir gegen die Reform auftreten müssen. Und als Opposition haben wir da wenig andere Möglichkeiten: Denn das Leitbild ist nicht als Gesetz beschlossen worden, das wir vor Gericht beklagen könnten.

Ein anderes Thema, was uns die ganze Legislaturperiode begleitet, sind die Altanschließerbeiträge. Dietmar Woidke will den Kommunen offenbar kein Geld geben...

Er hat sich zu einer Unzeit geäußert. Und es ist auch deshalb merkwürdig, weil wir als Landtag seit Wochen hören, dass man auf ein zweites Gutachten wartet. Aber es ist mal wieder typisch Woidke: Er ist nicht bereit, einzugestehen, dass das Land seinen Teil der Schuld mitzutragen hat. Es ist immer auch Aufgabe der Landesregierung, darauf zu achten, dass Kommunen und Verbände nicht alleingelassen werden. Und das rot-rote Kabinett von Dietmar Woidke sendet gerade das Signal aus, dass Kommunen und Verbände allein gelassen werden. Zudem entstehen neue Ungerechtigkeiten, wenn die einen Beiträge zurückerstattet bekommen und die anderen nicht.

Trotzdem ist ja nur ein kleiner Teil der Wasserverbände von den Beiträgen betroffen. Entsteht nicht eine neue Ungerechtigkeit, wenn die, die Mist gebaut haben, nun vom Land unterstützt werden, und die, die sauber gearbeitet haben, keine Unterstützung erhalten?

Wir sind in einer komplizierten Situation. Das Thema ist extrem schwierig. Und ich weiß auch, dass Verbände und Kommunen sich manchmal selbst in eine schwierige Lage gebracht haben. Aber das hilft doch den Menschen nicht, denen ich eine Antwort auf die Frage geben muss, wie behandle ich euch in dieser einen entscheidenden Frage. Und da muss der Bürger das Gefühl haben, dass er mit seinem Freund und Nachbarn gleich behandelt wird. Deshalb hätte Woidke das angekündigte Gutachten abwarten sollen. Und dann brauchen wir in diesem Land eine Lösung wo sich das Land nicht aus der Verantwortung stehlen kann.

Genau dieser Dietmar Woidke und diese SPD wären aber ihre Koalitionspartner nach den nächsten Landtagswahlen. Wenn Sie Woidke derartig kritisieren – ist er aus Ihrer Sicht eigentlich noch koalitionsfähig für die CDU?

Ich glaube, momentan übernehmen wir als CDU eine wichtige Funktion der Opposition, nämlich der Regierung auf die Finger zu schauen. Deswegen gucke ich momentan nicht auf die nächste Wahl. Die einzigen, denen wir 2019 Rechenschaft ablegen müssen, das sind die Bürger. Und wir haben doch eine einmalige Situation: Wir haben so viele Steuereinnahmen, wie noch nie. Wir haben Rückstellungen in Größenordnungen. Wir sollten das nicht für eine Kreisreform verplempern, die niemand braucht und die niemandem hilft. Wir können es in zukunftsweisende Projekte investieren.

Zum Beispiel?

Nehmen Sie den Bildungsbereich: Die Schule lebt von der Tradition des Schreiben und Rechnen-Lernens, aber auch von der Moderne. Früher, zu DDR-Zeiten, hat jeder Schüler einen SR-1-Taschenrechner erhalten. Warum sind wir nicht ein Vorreiter und geben jedem Schüler ab einer bestimmten Jahrgangsstufe ein Tablet? Oder das Telefonieren. Wir haben in Brandenburg immer noch einen sehr schlechten Ausbauzustand in Sachen Internet und Handyempfang. Da könnten wir so viel mehr erreichen.


Quelle: www.svz.de/regionales/brandenburg/jedem-schueler-ein-tablet-id14730331.html