"DIE PRIGNITZ GLAUBT AN SICH" - INTERVIEW MIT INGO SENFLEBEN
Prignitz/Potsdam Ingo Senftleben ist der neue starke Mann in der brandenburgischen CDU. Er verkörpert eine jüngere Generation, einen anderen Führungsstil. "Ich möchte in der Politik Lachfalten, aber keine Magengeschwüre bekommen", sagt der 40-Jährige, der im April neuer Landesvorsitzende r werden will. Am Rande seines Arbeitsbesuchs in der Prignitz sprach Redakteur Hanno Taufenbach mit ihm.
Herr Senftleben, willkommen in unserer Redaktion. Wahlkampf an der Basis in eigener Sache oder was hat Sie in die Prignitz geführt?
Ingo Senftleben: Ich mag keine Schreibtischpolitik. Bis zum Landesparteitag im April will ich alle Kreisverbände besuchen. Vor den Gesprächen mit meinen Prignitzer Parteikollegen habe ich jedoch in Wittenberge im Bahnwerk, in der Ölmühle und im Hort der Jahngrundschule interessante Gespräche geführt.
Welchen Eindruck haben Sie gewonnen?
Allein die Entwicklung und die aktuellen Pläne der Genesis GmbH mit der Ölmühle zeigen mir, dass in der Region investiert wird, dass sie an sich glaubt.
Im Bahnwerk geht eher die Sorge um, dass Arbeitsplätze bedroht sind.
Den Eindruck habe ich im Gespräch mit der Geschäftsführung und dem Betriebsrat eher nicht bekommen. Ich habe von konkreten Ideen erfahren, die neue Geschäftsfelder erschließen sollen und bestehende in ihrer Qualität verbessern.
Sobald ein großes Unternehmen bedroht ist, kommt der Hilferuf und die Erwartung, dass die Politik hilft. Wie können Sie dem Bahnwerk helfen?
Konkret wurde ich gebeten, mich für Fördermittel im Falle von Investitionen einzusetzen. Die Landespolitik soll sich weiter für den Ausbau der Infrastruktur, besonders der A 14, und für einen effektiven Hochwasserschutz stark machen.
Beim Hochwasserschutz biegen wir auf die Zielgeraden ein. Können Sie rot-rot in diesem Punkt eine gute Arbeit attestieren?
Bis 2017 sollen die wesentlichen Deichbauarbeiten einschließlich Breese abgeschlossen sein. Das ist zu begrüßen. Dafür haben sich viele Menschen aus Ihrer Region eingesetzt, unter anderem mein Kollege Gordon Hoffmann, aber auch Vertreter anderer Parteien.
Bei der A 14 geht es eher schleppend voran. Wie sehen Sie den Autobahnbau?
Ich wohne in Ortrand direkt an der A13, war dort elf Jahre lang Bürgermeister. Eine Autobahn bringt Neuansiedlungen und Erweiterungen, nicht im ersten Jahr, aber sie kommen. Erst hatten wir ein Gewerbegebiet, dann ein zweites, jetzt ist das dritte zu einem Drittel ausgelastet. Wir brauchen die A14, die Prignitz braucht sie.
Was muss geschehen, dass sie endlich fertig wird?
Planungen und Entscheidungen zu Abwägungen dürfen nicht Jahre dauern. Wir brauchen mehr Landeskapazitäten für die Planung.
Eine Reihe von noch nicht zu Ende geplanten Abschnitten muss die erneute Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan schaffen, der hohe Hürden für eine Finanzierung anlegt. Kann dies das Vorhaben noch gefährden?
Die A 14 ist durch den Bund vollständig ausfinanziert. Das ist mein Kenntnisstand.
Die Landesregierung bleibt bei Ihrer Aussage, dass die Trasse 2020 durchgängig befahrbar ist. Was denken Sie?
Die Hoffnung kann man haben, aber wir müssen gucken, ob es realistisch ist. Diese Hoffnung hege ich nicht.
Kommen wir zu Ihrer politischen Zukunft und gehen wir davon aus, dass Sie im April zum Landesvorsitzenden gewählt werden. Haben Sie Hoffnung, dass Sie dieses Amt noch bekleiden werden, wenn in gut vier Jahren die Landtagswahlen stattfinden?
Statistisch gesehen nicht, aber zuallererst habe ich selbst es in der Hand. Ich muss zeigen, dass ich eine Partei führen und lenken kann.
Das hatten vor Ihnen diverse Vorsitzende ebenfalls in der Hand und sind gescheitert. Was läuft schief in der brandenburgischen CDU?
Wir müssen uns mehr als ein Team verstehen. Das war ein Grundproblem in den vergangenen Jahren.
Was werden Sie anders machen?
Das beginnt damit, dass jeder Kreisverband mit einer Stimme im Landesvorstand vertreten sein wird. Bisher war das nicht der Fall. Und wer im Vorstand Mitglied ist, wird eine konkrete Aufgabe bekommen. Der Vorsitzende ist nicht der Vorturner, sondern alle müssen mit turnen.
Haben Sie Angst vor der eigenen Courage?
Es gibt keine Garantie für einen Erfolg, aber auch nicht für einen Misserfolg. Ich werde ein Arbeitsprogramm vorlegen und nach zwei Jahren werden wir schauen, was wir davon erreicht haben.
Worin sehen Sie ganz persönlich Ihre Stärke?
Ich kann gut zuhören, bin teamorientiert, lasse Ideen Anderer bewusst zu und wenn klare Worte notwendig sind, spreche ich sie, aber zuerst intern.
Trifft das auch auf Ideen des politischen Gegners zu?
Ich stehe für eine pragmatische Politik. Bei der inneren Sicherheit und der Bildung haben wir eine andere Auffassung als die Regierungskoalition. Bei den Themen Braunkohle und Asyl gibt es viele Gemeinsamkeiten. So unklug sind manche Vorschläge der anderen Fraktionen nicht, wir haben ja auch noch die Grünen und die Freien Wähler.
Und die AfD. Formulieren Sie bitte eine klare Position zu dieser Partei.
Eine Zusammenarbeit im Landtag schließe ich aus, ebenfalls gemeinsame Anträge. Bisher haben wir auch keinem AfD-Antrag zugestimmt. Ich habe schon vor der Wahl gewarnt, dass die AfD unter ihrem Fraktionsvorsitzenden Dr. Alexander Gauland einen klaren Rechtsdruck ausübt. Ihr jetziger Kurs bestärkt mich noch in dieser Haltung.
Danke für das Gespräch.